Der Prix Lignum der gleichnamigen Fachorganisation bringt dem Publikum die Reize und den Sinn der Holzbauweise näher. Das SCHARF Schaffhauser Architektur Forum hat die Wanderausstellung des Preisjahrgangs 2024 in den Skill Hub auf dem SIG-Areal in Neuhausen gebracht. Dort ist sie bis am 9. März 2025 zu sehen. An der Vernissage waren zwei interessante Vorträge zu hören.
Text: Manuel Pestalozzi*
Bilder: Pierre Néma
Titelbild «Pappelhöfe»: Alexander Gempeler

↑ Die Vernissage im Skill Hub am Rheinfall war gut besucht.
Die Innovationswerkstatt des Skill Hubs befindet sich im Erdgeschoss des Gebäudes Mittelbau auf dem SIG-Areal im Neuhausen am Rheinfall. In der immer noch nach Maschinenöl riechenden kleinen Halle stehen die Faltwände der Wanderausstellung des Prix Lignum 2024. Sie präsentieren die ausgezeichneten Projekte in den Kategorien Holzbauten und Schreinerarbeiten. Diese erkämpften sich wie in Sportwettbewerben Medaillen-, das heisst Edelmetallränge: Gold, Silber, Bronze. Ausserdem sind die Preisträger der Landesregion Nord zu sehen, zu der auch der Kanton Schaffhausen gehört. Die Projekte repräsentieren einerseits die Holzbauweise, dank der noch jungen Kategorie Schreinerarbeiten zusätzlich auch Innenausbauten, in der Ausstellung unter anderem vertreten durch eine hinreissende Küche in Volketswil (ZH). Sie erhielt Bronze.

↑ Referentin und Prix Lignum Jury-Mitglied Barbara Schuler-Rozzi mit SCHARF-Präsident Christian Wäckerlin.
An der Vernissage vom 28. Februar erklärte die Schreinerin Barbara Schuler-Rozzi die Vorgehensweise der Jury, in der auch sie Einsitz genommen hatte. Sie vermittelte einen Eindruck von den Auseinandersetzungen unter den Mitgliedern des Beurteilungsgremiums, die sich mit einer Selektion von nicht weniger als 583 eingereichten Bewerbungen auseinandersetzen mussten. Aus dem reichlich bewaldeten Kanton Schaffhausen waren es leider nur drei. Die Projekte aus unserem Kanton hätten es in der regionalen Ausscheidung zwar weitgebracht, zu einer Medaille reichte es leider nicht. Dies mag auch an den vielfältigen Kriterien gelegen haben, welche sich die Jury setzte. Das Beurteilungsgremium erwartete innovative Eigenschaften – mit gutem Handwerk alleine wollte es sich nicht begnügen. Natürlich waren sich die Jurymitglieder nicht immer einig, manche sahen ihre in einer Vorselektion individuell beurteilten Favoriten aus Rang und Traktanden fallen, die Bestimmung der schlussendlich ausgezeichneten Projekte erfolgte unter der Leitung des Jurypräsidenten Prof. Marc Angélil, einem Architekten. Auffallend war, dass die Ökologie, der Aspekt der Demontage, zum Beispiel die Art der Holzverbindungen, aber auch das architektonische Konzept, bei der Bewertung eine spürbare Rolle spielte.
Holz als Hintergrund
Dem SCHARF gelang es nicht bloss, die Prix Lignum-Ausstellung an einem zukunftsträchtigen Standort unterzubringen, SCHARF-Präsident Christian Wäckerlin konnte auch den Berner Architekten Rolf Mühlethaler an die Vernissage über dem Rheinfall locken. Mühlethalers Büro gewann beim Prix Lignum 2024 in der Kategorie Holzbauten Silber mit der Sanierung und Aufwertung der Arbeitersiedlung Pappelhöfe in Langenthal (BE). Ausserdem wurde auch ihr Trainingszentrum für den Fussballclub FCZ in Zürich-Schwamendingen als Projekt der Region Nord ausgezeichnet.

↑ Prix Lignum Preisträger Rolf Mühlethaler präsentierte zwei Holzbauprojekte.
Rolf Mühlethaler stellte in seinem Referat beide Projekte vor. Dem Holz als Werkstoff wurde in seinen Erläuterungen eine erfrischend pragmatische Rolle, als ein Mittel zum Zweck zugewiesen. Das kommt dem Baumaterial umfassend zugute, indem seine hohen Qualitäten in Funktion, Konstruktion und Form in selbstverständlicher Anwendung eingesetzt werden. In den Pappelhöfen ging es darum, kostengünstigen Wohnraum zu schaffen. Neben der Sanierung des Bestands fand eine Verdichtung in den früheren Nutzgärten der Siedlung statt. Rolf Mühlethaler zeigte sich sehr beeindruckt von seinem Berufskollegen Hektor Egger, der in den 1940er-Jahren für die Pappelhöfe sehr effiziente und daher auch mit wenig Geld zu bauende Grundrisse schuf – ohne Korridore, mit gefangenen Zimmern, die nur über andere Zimmer erreichbar sind. Die zweigeschossigen Wohnbauten in den einstigen Nutzgärten wurden in Anlehnung an dieses nur sehr sanft sanierte Vorbild geplant, mit vielen wiederholbaren Norm-Elementen. Grosse Sorgfalt galt der Detaillierung. «Billig bauen gibt viel Arbeit», sagte Rolf Mühlethaler. Bei gängigen Komfortstandards setzte man auf die Toleranz der Mietparteien, etwa beim Tritt- und Körperschall. Dies erwies sich als die richtige Entscheidung. «Die Häuser waren sofort vermietet», konnte der Architekt berichten.
Das Trainingszentrum für den FCZ bei den Heerenschürli-Sportplätzen in Zürich kamen ähnliche Konstruktionsprinzipien zum Einsatz, wie bei den Holzbauten in Langenthal, die Verwandtschaft der beiden Projekte ist unübersehbar. Der langgezogene zweigeschossige Bautrakt ist ebenfalls nicht unterkellert und vom Boden abgehoben. Das gibt ihm zusammen mit der kleinteiligen vertikalen Gliederung eine Leichtigkeit, die an traditionelle japanische Architektur erinnert. Unter dem sanft geneigten, mit Wellblech gedeckten Satteldach verbirgt sich die Haustechnik. Die Dachentwässerung ist als Ornament inszeniert: Unsichtbare Rinnen leiten das Regenwasser in Rohrpaare, welche vom weit auskragenden Dachrand schräg zur Fassade verlaufend jeweils einen der sichtbaren Dachträger «in die Zange» nehmen. Holz tritt bei beiden Projekten des Büros Rolf Mühlethaler als feingliedriges und sinnlich erfahrbares Material in Erscheinung, welche den Charakter der Architektur prägt. Es veredelt die Einfachheit. «Die strukturelle Klarheit ist die Chance vom Holzbau», fasste Rolf Mühlethaler in seinem kurzen Referat sein Verhältnis zum natürlich nachwachsenden Baustoff zusammen.

↑ Gute Architektur in Holzbauweise; Das Projekt «Pappelhöfe» in Langenthal von Rolf Mühlethaler Architekten.
* Manuel Pestalozzi, dipl. Arch. ETHZ und Journalist BR SFJ, betreibt die Einzelfirma Bau-Auslese Manuel Pestalozzi
Weiterführende Informationen:
→ Mehr zum Projekt «Pappelhöfe» von rolf mühlethaler architekten unter www.wbg-langeten.ch (Wohnbaugesellschaft)
→ Mehr zum Projekt «FCZ-Trainingszentrum» von Rolf Mühlethaler Architekten unter www.schnetzerpuskas.com (Tragwerkingenieure)
→ Mehr über den Prix Lignum unter www.prixlignum.ch
Ausstellung PRIX LIGNUM 2024 bis Sonntag, 9. März 2025
Skill Hub am Rheinfall
SIG-Areal am Rheinfall
Gebäude Mittelbau 1b
8212 Neuhausen am Rheinfall
Öffnungszeiten
Sa. 09–12 Uhr | So. 14–17 Uhr
Mo. bis Fr. 16–19 Uhr
