Ende Oktober, als die Sonne gerade noch lange genug über dem Horizont stand um eine Besichtigung durchzuführen, trafen sich Architekturinteressierte am Schlössliweg in Schaffhausen. Zu bestaunen gab es die fertiggestellte Totalsanierung einer langen Häuserzeile bestehend aus drei aneinandergebauten Mehrfamilienhäusern aus dem Jahre 1920.
Text: Alex Zahler
Bilder: Christian Wäckerlin und Alex Zahler
Anlass zu dieser Besichtigung gab nebst der Architektur von Dejan Mikavica auch der hinter dem Bauprojekt stehende Verband von Personen zu Zwecken der sozialen Förderung von Mitgliedern gemeinschaftlich zu Wohnen. Was kompliziert tönt aber durchaus Sinn ergibt, nennt man etwas Geläufiger auch eine Genossenschaft. Gerade weil im schaffhauserischen Baugewerbe das Konzept von Genossenschaften weit hinterherhinkt, war dieser Abend mit der noch jungen und für den Schlössliweg verantwortlichen Genossenschaft eins ein Abend der Freude. Da die junge Genossenschaft nicht mit der grossen Kelle anrühren kann, machte man daran die Strategie für die Sanierung fest. Ein sanfter Umbau im inneren und ein pragmatischer Umgang im Äusseren ergänzen sich wunderbar. Mit neuen Küchen und Nasszellen, teils unter neueren Schichten wieder entdeckten Bodenbelägen und einigen Durchbrüchen zugunsten grosszügigeren Raumbeziehungen, konnte der Bestand in Ehren gehalten werden und dennoch Zeitgemässer Wohnraum entstehen. Gerade dieser Charme von altem und geschichtsträchtigem in Verbindung mit neueren Elementen zeigt den nachbarlichen Kunststoffverhüllten weissen Wohnboxen imaginär die Faust. Die Investitionen zeigen sich im Äusseren gemäss Architekt Dejan Mikavica in Form des Holzes. So begleitet eine durchgehende Holzveranda die Gartenseite des Gebäudes aus welcher sich für die oberen Geschosse die Balkone entwickeln. Ganz beiläufig dient diese Verandazone auch als schützendes und schattenspendendes Dach für die auf Kellerniveau liegende Gartenlaube welche lediglich zulasten von etwas Aushub neu erstellt werden konnte. Um nicht nur Bestandes gegebene Kleinwohnungen anbieten zu können, wurde am Kopf des langen Riegels ein neues Volumen angebaut welches auf Gartenniveau einen Gemeinschaftsraum beherbergt und in den oberen Geschossen zu grösseren Wohnungen verhilft. Nebst einem Akzent und dem sichtbarmachen des baulichen Eingriffes vermag die hölzerne Konstruktion dem Wohnriegel Identität zu Stiften.
Die Kraft dieses Baus liegt insbesondere auch im Detail. So wurde der äussere Holzbau pragmatisch konstruiert, was sich durch fehlende schützende Bleche zeigt, aber durchaus vertretbar ist. Das Dachwasser wird erfrischend ehrlich an der Fassade geführt und in einer Regentonne für die Bewässerung des Gartens gesammelt. Die Elektroführung ist additiv und somit ablesbar. Dasselbe bei den Stoffrollos: kein künstlicher Gestaltungswille, sondern eine einfache Verschraubung in den Sturz passt. Wer sich dem Gebäude annimmt erkennt an den Giebelfassaden eine seitliche Fuge und kann so die aussen aufgesetzte Wärmedämmung ablesen. Zugunsten des äusseren Ausdrucks wurde die Längsseite der Gebäude innen gedämmt. Unter dem Dach versteckt sich eine erst jüngst noch von der Stadt eingebaute Gasheizung. So wird das Dachgeschoss erst nach Ende deren Lebensdauer saniert. Die dann notwendige Wärmedämmung tut aber schon heute ihren Dienst und liegt bereits horizontal auf dem Dachboden bereit. Beim Ausbau wird diese dann einfach vom Dachboden zwischen die Sparren transferiert.
Während es draussen dunkel wurde begab man sich für die anschliessende Diskussion in den Gemeinschaftraum. Im Fokus stand die Gesellschaftsform dieses Bauprojektes. Nebst sch-ar-f Vorstandsmitglied und Präsident der Wohnbaugenossenschaft Legeno Roland Hofer beteiligten sich ebenfalls sch-ar-f und Genossenschaft eins Vorstandsmitglied Susanne Albrecht, der Präsident der Genossenschaft eins Florian Keller und Architekt Dejan Mikavica. Florian Keller führte zu Beginn aus, dass Genossenschaften nicht gewinnorientiert handeln und lediglich ihren Mitgliedern verpflichtet sind. Der aus den Mieten erzielte Gewinn wird wieder investiert. Ziel sei es, den Bewohnern das Gefühl zu geben am besten Ort in Schaffhausen zu wohnen. Ausschlaggebend um dieses Ziel zu erreichen ist der Aufbau einer untereinander funktionierenden Gemeinschaft. Diese wird als nächstes partizipativ die Gartengestaltung angehen. Die beiden Architekten Susanne Albrecht und Dejan Mikavica blicken für Roland Hofer nochmals auf den Auslobungsprozess zurück. Die Genossenschaft eins hat sich zusammen mit einem architektonischen Konzept von Dejan Mikavica bei der Stadt um das Gebäude beworben. Nach dem Zuschlag durch die Stadt konnte das Projekt dann konkret in Angriff genommen werden. Dieser Weg irritiert insofern, dass die Genossenschaft und der Architekt von Anfang an ein Team bilden. Anders funktioniert dies im Genossenschafts-erprobten Zürich. Dort bewerben sich Genossenschaften alleine auf ein Grundstück und führen nach positivem Zuschlag selber einen Architekturwettbewerb durch. So kann die Genossenschaft zusammen mit deren Mitglieder aus einer Fülle von Projektvorschlägen das für Sie am besten geeignetste auswählen. Dies führt schlussendlich zu einer höheren Baukultur und entflechtet das Verhältnis von Auftraggeber (Genossenschaft) und Auftragnehmer (Architekt). Man würde sich dieses Verfahren in Zukunft auch für Schaffhausen wünschen.
Die zum Schluss sehr fachlich geführte Finanzierungsdiskussion soll hier nun aussen vor gelassen werden. Nur so viel sei gesagt: Das Gebäude am Schössliweg konnte die Genossenschaft für 890’000 CHF (ohne Grundstück) von der Stadt Schaffhausen im Baurecht für 80 Jahre übernehmen.
Die Gäste sind sich an diesem Abend einig: Wohnbaugenossenschaften treffen den Nerv der Zeit. Vorbei die Zeiten von engstirnigem Wohnen mit Mannshohen Gartenhecken oder Sichtschutzwänden gegen den Nachbarn. Hin zu einer gemeinschaftlich engagierten Wohngemeinschaft. Wo man tatsächlich noch beim Nachbar für ein paar frische Eier an die Tür klopfen darf. So wünscht sich Florian Keller denn zum Schluss auch mehr Konkurrenz von anderen und neuen Wohnbaugenossenschaften aus Schaffhausen.
Pläne und weitere Bilder auf der Website von mikavica architektur – Umbau MFH Schlössliweg, Schaffhausen